Pfarrei Teublitz 1019„Wir schauen auf den Menschen, nicht auf seine Religion, seine Kultur oder seinen Statut.“, dieser Satz von Schwester Hildegard wirkte heute unendlich heilsam für meine Seele. Und ich war heute einfach Stolz auf diese jungen Leute, die ich gerade durchs Heilige Land begleite. Denn ich fand es heute unglaublich beeindruckend, wie unsere Jugendlichen der Gedenkstätte Yad Vashem begegnet sind.

Mir fehlen einfach die Worte zu beschreiben, was welche Eindrücke, Gedanken und Gefühle ich hatte, als ich durch das Museum von Yad Vashem ging. Natürlich war mir das alles durch meine Schulbildung und mein Interesse an Geschichte bekannt. Viele Namen der Täter kannte ich, die Bilder und Filmausschnitte waren nicht neu. Aber zum ersten Mal in meinen Leben wurde mir dies alles durch die Sicht der Opfer und deren Nachkommen gezeigt. …. Ja, und mir fehlen die Worte, zu beschreiben …
Jonas, Bene und Erik stellten drei Jugendliche vor, die durch den Nazi-Wahnsinn ihr Leben hingeben mussten. – Auch das hat mich tief beeindruckt.
Am Ende des Besuches in Yad Vashem stand die Gedenkstätte der ermordeten Kinder. Ein dunkler verspiegelter Raum. Ganz wenige Kerzen brennen und spiegeln sich unendlich in der Finsternis. Dabei werden die Namen von Kinder vorgelesen, die vernichtet wurden: David, Österreich, 2 Jahre … … unfassbar …

Gut und heilsam war dann das Kontrastprogramm. Wir fuhren in die Westbank nach Emmaus, um Schwester Hildegard und ihre Mitschwestern zu besuchen. Man kennt sich. „Wie geht’s dem Georg Birner, wie dem Michael Hoch? Vergiss die Sachen für Sven nicht mitzunehmen. Und sag deinen Eltern Vergelt´s Gott für die Spenden.“ Im Gespräch mit den Jugendlichen, das Yvonne, Tina und Juliette vorbereiteten, fiel dann der oben geschriebene Satz, im Blick auf die Situation im Palästina und dem Zusammenleben von christlichen Ordensfrauen inmitten von Muslimen. Schwester Hildegard erzählte viel von ihrer Arbeit mit den älteren behinderten Frauen und ihrem Glauben, der ihr die Kraft gibt, dieses Leben zu führen. Ja, es war ein Kontrastprogramm, das letztlich in der Liebe Gottes fußt, die den Menschen als Menschen sieht.

Dann folgte der für mich spannendste Teil unserer Studienreise. Spannend deshalb, weil ich es nicht planen konnte und keine Ahnung hatte, was jetzt gleich passieren würde. Ein dutzend Student*innen der Pflegefakultät saßen uns gegenüber. Jugendliche aus Palästina, die sich schon der Kleidung von den Jugendlichen aus Bayern unterschieden. In gutem Englisch wurde das Gespräch von Tim und Jana sowie Anja und Raphi geführt. Fragen zum Ablauf der Ausbildung und zum alltäglichen Leben wurden beantwortet. Dinge, die in Deutschland selbstverständlich sind, sind palästinensischen Jugendlichen fremd. Mal schnell 18 km nach Jerusalem fahren, nicht möglich. Ins Ausland reisen, keine Chance. Jemanden heiraten, den man liebt, geht nicht, weil die Familien das arrangieren. Doch trotz all dem wirkten die Jugendlichen glücklich. – Ich stellte mir deshalb die Frage, ob wir nicht schon zu satt sind, alles als selbstverständlich erachten und es verlernt haben dankbar und glücklich zu leben.

Nach dem Gespräch mit den palästinensischen Jugendlichen fragte ich in die Runde, wie denn unsere Jugendlichen die Begegnung empfanden. Und die Rückmeldungen machten mich glücklich, weil ich jetzt weiß, dass sich all die Mühen und all die Organisation für diese Studienreise gelohnt haben und noch lohnen werden. Umso größer ist die Vorfreude auf die nächsten Tage, in der noch viele Eindrücke und Begegnungen auf uns warten.

Natürlich feierten wir in Emmaus auch Eucharistie. Denn wir glauben ja an einen Gott, der uns Menschen auf allen unseren Lebenswegen begleitet, selbst dann, wenn wir IHN an unserer Seite nicht erkennen. Deshalb sind mir die beiden Emmaus-Jünger so sympathisch, weil auch deren Augen (oder besser Herz) wie mit Blindheit geschlagen waren.

Nach einer längeren Wartezeit am Checkpoint der für die palästinensischen Jugendlichen so unüberwindbar ist, fuhren wir nach Jerusalem zurück. Das Abendessen war wieder super lecker und der Tag klang wieder im Gebet aus: „Diesen Tag, Herr, leg ich zurück in deine Hände.“

… und jetzt, liebe Leute, muss ich schlafen … morgen 4.45 Uhr … Kreuzweg und dann hl. Messe an der Kreuzigungsstelle Jesu auf Golgatha, die wir für Roland feiern werden.

 

Jerusalem / Emmaus, 26.8.2022

 

Diese Studienreise wird gefördert durch den Bayerischen Jugendring